Ultra (lat.: jenseits)

30.01.2016

Rodgau50 Ultramarathon

 

Jenseits von Gut und Böse mögen die einen denken, jenseits meines Vorstellungsvermögens dachte ich selbst bis vor kurzem. 

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Jenseits meiner jahrelangen Gepflogenheiten bin ich nun in den Kreis der Ultraläufer aufgenommen worden. Qualifiziert habe ich mich selbst durch den erfolgreichen Finish meiner beiden ersten Marathons im Jahr 2015, zunächst bei der Premiere in meiner Heimatstadt Gelsenkirchen und später im Jahr, beim Berliner Marathon-Spektakel. Bei beiden Läufen konnte ich meine mir vorher erwünschten Ziele erreichen, vor allem ohne jegliche Probleme. So kam, was kommen musste. Ein kurzer Stupser in die richtige Richtung von virtuellen und reellen Lauffreunden genügte um die zugegebenermaßen knappe Zeit der Vorbereitung zu nutzen um dann endlich am 30. Januar 2016 dieses schon lange in meinem Kopf befindliche Wort Ultra in Energie umzusetzen und auf die 50 Kilometer lange Piste von Rodgau zu zeichnen.

Ich war überraschenderweise wenig aufgeregt, fast schon stoisch in den Tagen zuvor. Lediglich die letzten Stunden am Tage vorher entwickelten sich wieder einmal zur Nervenschlacht. Na klar, der angehende Ultraläufer hatte wiedermal alle Mühe seine „sieben“ Sachen zusammen zu suchen. Und die Aufregung um die Planung dieses einen Tages tat ihr übriges dazu. Es sollte ja in einem Atemzug passieren. 300km Anreise – 50km Laufen – 300km Abreise. Fertig.

Das Läuferfrühaufstehsyndrom

Geplant, getan. Der Wecker…besser gesagt, die Fenix3 von Garmin vibrierte um 05:00 Uhr morgens an meinem Handgelenk. Natürlich war wieder der erste Gedanke eines leidenschaftlichen Langschläfers beim ersten Augenaufschlag: „oh my god“. Okay, Zeit für den Schlummermodus hatte ich nun wirklich nicht. Also, Programm gezündet und alle lebenswichtigen-und erhaltenden Maßnahmen innerhalb einer Stunde absolviert. 06:00 Start Anfahrt zum Projekt Rodgau 50 Kilometer. Wie gesagt, zunächst lagen knapp 300 Kilometer Anfahrt vor mir, die ich im Dauerregen von Gelsenkirchen begann. Das konnte ja heiter werden, so dachte ich.

Und das wurde es tatsächlich. Mit zunehmendem Verlust des gewohnten Radiosenders, hörte auch der Dauerregen auf und das Wetter zeigte sich in Hessen von einer etwas angenehmeren Seite. Bedeckt, aber trocken, gut so.

Gegen 09:00 Uhr parkte ich auf dem Parkplatz und holte zunächst meine Startunterlagen ab. Dabei traf ich die Crew von Twittrunnerruhr .Mit dem Crew-Member Frederic hatte ich ja meinen bescheidenen letzten Longrun von 32km absolviert, der fühlte sich für mich schon grenzwertig an. Ob das genug für Rodgau war ? Leider sah ich die Jungs dann beim Start nicht mehr, ebensowenig David, einem Podcast-Hörer. Ihn hatte ich auf dem Weg zum Start getroffen. Da ich einen klaren Plan im Kopf hatte, stellte das für mich kein Problem dar. Okay, nur 5 Stunden alleine im Kreis laufen kann auch ganz schön langweilig sein.

Es ging also 10 Runden á 5km über Feldwege und durch Wälder.

Running talk

Da kamen mir wieder die Erzählungen von erfahrenen Langstreckenläufern in den Sinn, und sie wurden mir bestätigt. Diese Art von Läufern, wahrscheinlich sogar gerade die Ultraläufer sind in ihrer Art größtenteils so entspannt und zudem extrem kommunikativ und offen. Ich kam immer wieder mit Läufern ins Gespräch, man plauderte ein wenig und dann trennten sich die Wege wieder, ein sehr kurzweiliges Intermezzo.

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So purzelten die Kilometer und ich konnte von den 10 Runden á 5km langsam herunterzählen. Für mein Ziel unter 5 Stunden im Ziel zu sein, sammelte ich von Beginn an „Zeit-Guthaben“ an, wohl wissend, dass ich davon später leben könnte.

Ab etwa Kilometer 20 lief ich immer wieder mit einem Läufer gleich auf, unsere Wege trennten sich nur kurz bei der Verpflegungsstation. Ab Kilometer 25 kamen wir ins Gespräch und es war schnell klar, daß wir das gleiche Ziel verfolgten. Wie wichtig dieser Zusammenschluss war, wurde uns erst später richtig bewusst. Zunächst drehten wir plaudernd relativ locker weiter unsere 5km Runden. Es kam aber was kommen musste – noch 2 Runden / 10km, die Leichtigkeit ging uns Beiden verloren, die Beine wurden allmählich schwerer. Dazu gesellten sich schmerzhafte Probleme bei Michael und eine kurze mentale Krise bei mir. Verblüffend dabei war zu beobachten, wie jeder trotz seiner eigenen Probleme in der Lage war den Anderen weiter zu motivieren.

Reden macht frei

Die Gespräche über dies und das waren es, die einen von den grundsätzlichen Problemen eines solchen Dauerlaufs ablenkte. Wir kamen mit zwei jungen Rucksackläufern ins Gespräch. Michael nannte ihn später den Mann mit der Werkzeugkiste auf dem Rücken. Der Rucksack plätscherte und klapperte in allen Facetten. Dazu unterhaltsame Musik aus seinem Smartphone. So kann man sich auch ablenken lassen. Die letzten beiden Verpflegungspausen wurden noch einmal länger. Jetzt wurden alle Register gezogen, pures Salz, Energieriegel, Cola – irgendwas muss doch noch helfen.

Die Kilometeranzeige auf der Uhr schien stehen zu bleiben, die Steigungen schienen steiler, die Beine schwerer. Trotzdem schafften wir größtenteils noch einen Schnitt von unter 06:00min/km. Das Ziel sollte nicht mehr in Gefahr sein. So redeten wir uns die letzten Kilometer schön und dann war es der letzte Kilometer, der wirklich der Schönste war, da er ohnehin leicht bergab ging und man schon aus der Ferne die große Zeittafel im Ziel sehen konnte.

Wir liefen gemeinsam durchs Ziel, David hatte dieses schon seit einiger Zeit erreicht und uns angefeuert. Da lagen sich zwei Läufer in den Armen, die sich erst vor 25 Kilometern kennengelernt hatten. Emotionen pur.

Danach ging alles ganz schnell. Rasch dem Frederic vom TRRCRW gratuliert, die Wertsachen abgeholt, ab ins Auto und los. Achja, pünktlich zur Rückfahrt begann er, der Dauerregen von Rodgau.

 

Michael

Michael

 

David

David

 

 

die Crew

die Crew

 

Meine Zielzeit: 04:52:58 Stunden

Fazit: Runden laufen macht mir nichts

Meine Ausrüstung: On Cloudflyer, Garmin Fenix 3, Epson Runsense SF810, CEP Sleeves orange, Laufhose Kalenji kurz, Reebok Laufjacke

Mein Dank gilt:  Michael für die Motivationen auf den letzten Kilometern

                           Frederic und David fürs Anfixen 

                           Meiner Familie fürs Daumendrücken und den Empfang zu Hause

                           Den vielen Gratulanten zum Finish

 

Der Lauf auf Garmin Connect

 

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14 Kommentare

  • Hallo Thomas,
    herzlichen Glückwunsch zu der tollen Leistung :-).
    Jetzt denke ich doch noch mal darüber dieses Jahr auch meinen ersten Ultra zu laufen;-).
    Viele Grüße
    Andreas

  • Hallo Thomas,

    auf diesem Wege auch nochmals Gratulation zu dem grandiosen Finish unter 5 Stunden! 🙂
    Das muss hier als Kommentar nochmals sein, denn mit meinem Kommentar hat es ja auch angefangen. 😉

    Du sahst ziemlich entspannt aus, als wir mit leichter Verspätung ins Ziel kamen. Freut mich hier zu lesen, dass du zwar zu kämpfen hattest (das ist normal), aber auch in der Ultraläufergemeinschaft Halt gefunden hast. Wärst du weiter zurückgefallen, hätten wir dich in unserem Netz mitgezogen. 😉

    Wir müssen unbedingt bald nochmals eine Runde drehen, denn ich habe gehört und gelesen, dass du auch zu den SF-810-Testern gehörst. Diesbezüglich würde ich mich gern mit dir austauschen, bin ja auch einer und hatte auch beide Uhren in Rodgau dabei.

    Außerdem interessiert mich, wie du die Cloudflyer auf der langen Distanz fandest. Ich bin ja die Cloud gelaufen und hatte ein wenig mit Steinchen zu kämpfen.

    Und allgemein gibt es sicher noch eine ganze Menge zu quatschen. 😉

    Viele Grüße
    Frederic

    • Das ist ja witzig Frederic. Ich habe gerade im Podcast das Thema Steinchen in den Cloudflyern angesprochen. Du warst nicht der Einzige 😀 Und ansonsten: Wir müssen schnel bald mal wieder eine Runde drehen 😀 Und danke für die Glückwünsche, gebe ich gerne zurück !!

      Gruß

      Thomas

  • Glückwunsch zum Finish! Haben uns ja leider verpasst da ich zum Schluß nach einer Pinkelpause aus der Gruppe rausgefallen bin 🙂

  • Super. Ganz große Nummer Thomas. Kommt als nächstes ein 75er oder direkt der 100er? Ich kann mir solche Zahlen immer noch nicht vorstellen. 🙂

  • Schade, dass wir uns nicht kennen gelernt haben, denn auf einem Foto laufe ich (128) nur knapp hinter dir. Super Sache mit dem Finish #Sub5. Gute Erholung und bis zum nächsten Jahr

  • Herbert Müller

    Hallo, nun will Dein alter Dad auch einmal einen Kommentar schreiben!
    Also Deine sportlichen Leistungen finde ich ja enorm, das hätte ich Dir nicht zugetraut, bin aber auch stolz auf Dich!
    Dein Schreibstil ist ebenso zu bewundern, aber das kenne ich ja von Deinem Unvollendeten Roman!

    Übertreibe aber den Sport nicht, ok?
    Alles Gute

  • Hallo Thomas.

    kannst Du mal einen Podcast zu Deiner und Peters, Laufentwicklung machen. Ich meine damit wie sich Deine und Peters Zeiten und Laufumfänge in den Jahren gesteigert haben. Gerade als Anfänger ist es schwer abschätzen zu können, welche Entwicklung man von Jahr zu Jahr machen kann.

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